Wer bin ich? Authentisch dank Selbsterkenntnis – der Myers-Briggs Typenindikator (MBTI)

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Eine Welle von Erleichterung und Freude ist auf dem Gesicht meines Klienten sichtbar: „Das passt super, ich hätte nie gedacht, dass jemand mich so gut beschreiben kann – und das auch noch, ohne mich persönlich zu kennen. Wahnsinn!“

Kaum etwas geht über das Gefühl, gesehen und verstanden zu werden. Und das kann sogar mit objektiven Kriterien klappen. Daher bin ich ein Fan von Persönlichkeitstests.

Mich selber besser verstehen

Seit ich lesen und solange ich mich zurückerinnern kann, haben mich Persönlichkeitstests fasziniert. Denn ich fand es schon immer sehr anregend, eine Spiegelung meiner Persönlichkeit, mich selbst in neuem Licht, mit anderen Facetten betrachten zu können. Manchmal ist das verstörend, in anderen Fällen äußerst beglückend und inspirierend. In jedem Fall kann es helfen, mich selber realistischer zu sehen. Und auf dieser Basis mein Leben und meine Karriere bewusster und aktiver zu gestalten und konkret auszurichten.

Auf dem Markt gibt es viele verschiedene Persönlichkeitsmodelle mit dazugehörigen Testverfahren. Ich möchte heute ein paar davon vorstellen, die als besonders renommiert gelten, und insbesondere auf den MBTI, den Myers-Briggs Typenindikator, eingehen.

Big Five

Da wären zum einen die sogenannten Big Five, welche in der Wirtschaft und Personalauswahl Anwendung finden.

Man geht hier davon aus, dass fünf signifikante Persönlichkeitsprägungen den Charakter bestimmen: Extraversion und Introversion, Offenheit für neue Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus, positiv benannt als Stabilität.

Mit den einzelnen Faktoren gehen typischerweise bestimmte Verhaltensmuster und -weisen einher. Menschen mit hoher Gewissenhaftigkeit handeln bspw. organisiert, sorgfältig, planend, effektiv, verantwortlich, zuverlässig und überlegt, während das Verhalten am anderen Ende der Skala mit einem niedrigen Gewissenhaftigkeitswert als unsorgfältig, spontan und ungenau beschrieben werden kann.

Aus meinen Ergebnissen lässt sich ableiten, welche Arbeit ich eher gerne mache, wie ich grundsätzlich „ticke“ und wo es schwierig wird für mich.

DISC

Der DISC hat als Basis die Kategorien Dominanz, Initiative, Stetigkeit und Gewissenhaftigkeit (aus dem Englischen abgeleitet Dominance, Influence, Steadiness, Compliance) und leitet aus dem Zusammenspiel, aus den höchsten und niedrigsten Faktoren, die grundlegende Dynamik der Persönlichkeit ab, so zum Beispiel ob jemand viele Herausforderungen braucht und daher unter anderem in einer Führungsposition oder Selbstständigkeit gut aufgehoben ist, oder ob jemand unter Stress eher wortkarg und unwirsch – oder aber überbordend kommunikativ wird.

Die Vielzahl an verschiedenen DISC Typen ermöglicht eine differenzierte Betrachtungsweise auf die jeweilige Person. Man erhält einen Überblick über individuell bevorzugte und aktuell gelebte Verhaltensmuster ebenso wie daraus ableitbare Potenziale und mögliche Entwicklungsschritte.

Es werden durch das Persönlichkeitsmodell sowohl die Faktoren benannt, die eine Person motivieren, als auch jene, die demotivierend wirken können. Darüber hinaus werden Verhaltensmuster unter Druck beschrieben sowie ein ausführliches Stärken-/Schwächenprofil der Person erstellt.

Dieses Modell habe ich in der Personalauswahl beim Matching verwendet, als ich in den 2000er Jahren Au Pairs für ein Auslandsjahr in den USA ausgewählt habe. Dabei war ein anerkanntes internationales psychologisches Testverfahren Voraussetzung. Leider ist dieser Test nicht frei zugänglich und kann nur als Bezahlversion absolviert werden. Ab und zu berichten mir Führungskräfte von ihrem Ergebnis, da es in einigen, meist größeren, Unternehmen zur Potentialanalyse eingesetzt wird.

Myers-Briggs Typenindikator (MBTI)

Ich persönlich finde unter den frei zugänglichen Tests den Myers-Briggs Typenindikator (MBTI) sehr hilfreich, da er wesentliche Persönlichkeitsvariablen untersucht und differenziert. Der Myers-Briggs-Test ist ein Klassiker in der Persönlichkeitspsychologie und vor allem im angloamerikanischen Raum stark verbreitet. Das Modell wurde im 20. Jahrhundert von Katharine Cook Briggs und ihrer Tochter Isabel Briggs Myers entwickelt. Eines ihrer Ziele war ein Charakter-Modell zur Orientierung der eigenen beruflichen und persönlichen Disposition, um geeignete Arbeitsfelder zu finden. Die Typologie ist eine Erweiterung eines Modells von Carl Gustav Jung. Es wird zwischen vier dichotomen Präferenzen einer Persönlichkeit unterschieden, so dass am Ende 16 mögliche Typen als Ergebnis stehen.

Auch wenn in Psychologenkreisen die polare Aufteilung nicht gern gesehen wird, empfinde ich den Test in der Praxis als außerordentlich hilfreich, da viele meiner Klientinnen und Klienten hierüber einen guten Zugang zu Aspekten ihrer Persönlichkeit und einer möglichen Karrieregestaltung gefunden haben, der sich ihnen auf anderen Wegen bisher nicht erschlossen hatte.

MBTI online-Testvarianten

http://charaktertest.net/

Sehr aufschlussreich ist es hier, sich die Beschreibung der Temperamente und Präferenzen anzusehen, da Sie auch Anregungen dazu erhalten, wie (anders) Ihre Mitmenschen ticken können. Dies kann für den ein oder anderen Aha-Effekt sorgen.

http://www.humanmetrics.com/cgi-win/jtypes2.asp

Diese englische Seite bietet neben dem Test auch eine typenspezifische Übersicht über Karrierewege, Kommunikationsverhalten und Lernpräferenzen.

https://www.16personalities.com/

Hier finden Sie zusätzlich zum Test einzelne Kapitel zu Stärken und Schwächen, Beziehungen, Karrierewegen, typischem Arbeitsverhalten. Die URL existiert auch auf Deutsch, allerdings in einer wesentlich abgespeckteren Version.

https://www.opp.com/de-DE/Using-Type/Head-Type-table

Diese URL enthält unter anderem eine grafische Darstellung als Typenkopf, die ich sehr gelungen finde.

Meine Erfahrung ist, dass die Testergebnisse häufig unterschiedlich ausfallen, daher scheint es mir am sinnvollsten, mehrere Tests zu machen. Am Ende können Sie für sich entscheiden, in welcher Beschreibung Sie sich am besten wiederfinden, wo Sie die größte Resonanz bemerken. Mit diesem – für Sie passenden – Testergebnis können Sie dann weitergehen.

ENFP – INTJ – ESTP… – Diplomat, Analyst, Forscher, Unternehmer, Aktivist – und was nun?

Besonders hilfreich finde ich die vielen konkreten Anregungen zu Karriere und Beruf im Rahmen des Myers-Briggs. Dadurch lassen sich neue Optionen erschließen, die eigene Karriere und das eigene Leben authentisch zu gestalten.

Es kann auch sehr erleichternd sein, wenn ich merke: „Ich bin nicht der einzige Freak auf diesem Planeten!“ Zu sehen, anderen geht es auch so wie mir, kann ungeahnter weise sehr viel Druck nehmen. Außerdem hilft es mir, spezielle Eigenarten in ihrem Kontext besser zu verstehen.

Ich und die anderen

Das Gespräch mit Ihnen Nahestehenden kann übrigens eine gute Inspirationsquelle und Möglichkeit des Austauschs über die Typen sein. So bekommen wir nach und nach ein besseres Bild von uns selber und von anderen. Ich kann mich und andere so besser verstehen und meine Beziehungen positiv verändern.

Karriere gestalten

Das Wissen, was gut für mich ist und wobei ich zu Höchstleistungen auflaufen kann, kann ich für meine Karriere nutzen. Wenn ich z.B. ein sehr sorgfältiger Mensch bin, wird es für mich in einem hektischen Umfeld, wo es viel um Schnelligkeit geht, wahrscheinlich eher schwierig, zufrieden zu arbeiten. Bin ich ein eher unruhiger Mensch, der sehr viel Input braucht, kann eine herausfordernde Arbeit in einem innovationsfreudigen Unternehmen, z.B. einem Start-Up, für mich gut passen.

Kontext verändern

In meiner Coachingpraxis begegnen mir immer wieder Klientinnen und Klienten, die von anderen für extrovertiert und sehr offen gehalten werden, die sich aber selber als äußerst zurückhaltend, schüchtern und eher introvertiert wahrnehmen. Hier kann es dann darum gehen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem auch ihre stille und zurückgezogene Seite Raum hat, z.B. indem sie immer mal alleine Mittagspause machen oder sich Zeiten einrichten, in denen sie vollkommen ungestört, ohne Kunden- und Kollegenkontakt arbeiten.

In falschen Kontext sind wir oft eher unglücklich; der Test kann dabei helfen, mich selber klarer zu sehen und mein Leben und meine Karriere entsprechend auszurichten. In der Personalentwicklung gibt es den Leitsatz „Stärken stärken, Schwächen schwächen“ – dies sehe ich als gute Leitlinie, mich weniger mit dem aufzuhalten, was mir im Wege steht, als vielmehr mich zu entfalten: mit Fokus auf dem, was da ist, was ich nutzen kann und möchte.

Nun: Wer sind Sie?! 🙂

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