Hochsensibel – und erfolgreich

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hochsensible Frau, nachdenklich

Hochsensibel – und erfolgreich
– wie wir Hochsensibilität für uns nutzen können –

„Du Sensibelchen! Jetzt stell Dich nicht so an!“

Diesen Satz hatte die Klientin ihr Leben lang als Ballast mit sich herumgetragen. Kein Wunder – denn sie empfand es als Ausgrenzung, als Beleidigung. Offensichtlich wurde ihre Art, die Welt wahrzunehmen, nicht wert geschätzt und war wohl fehl am Platze.

Das scheint mir der Grund zu sein, warum viel wahrnehmen und fühlen von uns abgelehnt wird: Es hat keine Lobby, könnte man sagen.

Perspektivwechsel

Was aber, wenn eine stark ausgeprägte Sensibilität uns von Nutzen ist – uns sogar hilft, im Leben glücklich zu sein, uns an unseren eigenen Werten und Vorstellungen auszurichten?

Was, wenn die anderen zu wenig sensibel sind, zu wenig mitkriegen und damit im Nachteil sind?

Es lohnt sich, einen positiven Blick auf dieses große Thema zu werfen, was seit einigen Jahren als mehr und mehr erforschtes Phänomen in den Medien immer mehr Raum einnimmt.

Definition Hochsensibilität

Die Fachliteratur beschreibt Hochsensibilität als grundlegende Charaktereigenschaft. Innere und äußere Reize werden stärker wahrgenommen als vom Durchschnitt der Bevölkerung. So findet man sowohl auf der positiven, als auch auf der negativen Seite eine höhere Empfänglichkeit – die Sensibilität für Ästhetik, Kunst und Musik kann ebenso stärker sein wie die Reaktionen auf andere, als unangenehm empfundene Sinnesreize. Hochsensibilität bezieht sich sowohl auf Emotionen als auch auf Sinneseindrücke. Man spricht hier auch von „sensory processing sensitivity“.

Die US-Psychologin Elaine Aron, Pionierin und renommierte Forscherin auf diesem Gebiet, beschreibt Hochsensibilität in vielen Facetten. Dazu gehören „eine niedrigere Wahrnehmungsschwelle, die Tendenz, sich von Empfindungen überwältigen zu lassen, ein größeres Bewusstsein für feine Veränderungen in der Umwelt, eine erhöhte Erregbarkeit und ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen“. (https://www.spektrum.de/news/persoenlichkeit-bin-ich-hochsensibel/2050806)

Mich selber annehmen als hochsensible Person

Sensibilität gehört zu unserer Grundausstattung. Wir bekommen sie in der uns eigenen Ausprägung in die Wiege gelegt. Daher ist sie als eine der wichtigsten Persönlichkeitsvariablen auch Bestandteil der Big Five. Ihr Counterpart ist die emotionale Stabilität. Hier ist wichtig: Wir bewegen uns in einem Kontinuum mit zwei Extremen, wobei jeder Mensch auch vom anderen Ende der Skala etwas in sich trägt, so dass ein eher sensibler Mensch auch über emotionale Stabilität verfügt.

Der Game-Changer für meine Klientin war: sich anzunehmen in ihrer Hochsensibilität. Nachdem sie einen Test gemacht und zuvor ja auch schon alles darauf hingedeutet hatte, war sie zum ersten Mal an dem Punkt, sich einzugestehen, dass eine sehr starke Sensibilität Teil ihrer Persönlichkeit ist, den sie nicht „wegdenken“ kann.

Und den sie nicht länger ignorieren möchte.

Dann haben wir für sie erarbeitet, wie sie diese so wichtige Seite ihrer Persönlichkeit für sich nutzen kann.

Vorher wäre das nicht möglich gewesen. Etwas, was ich nicht wahrhaben will, kann schwerlich etwas sein, an dem ich arbeite und mich entwickle. Erst das genaue Hinschauen, mir selber eingestehen: Ja, so ist es, macht den Weg frei für Veränderung.

Hochsensibel erfolgreich

Für meine Klientin änderte sich alles – von dem Tag an, als sie begann, den sensiblen Teil in sich wert zu schätzen. Den Teil, sie bislang immer abgelehnt hatte und nicht wahr haben wollte.

Sie legt jetzt regelmäßig Pausen ein, Me-time, in denen sie sich Ruhe schenkt, Zeit zum Auftanken.

Sie nimmt sich bewusst wahr und hat gelernt, an welchen Punkten und in welchen Situationen sie Abgrenzung braucht. Die nimmt sie sich dann.

Sie spricht aus, wenn sie etwas braucht. Andere wissen bei ihr, woran sie sind und schätzen ihre Klarheit in der Kommunikation.

Sie hat nach wie vor ein offenes Ohr, Verständnis und Empathie für andere. Wenn es jedoch zu viel wird, findet sie dafür die richtigen Worte und grenzt sich ab.

Sie geht mit großem Selbstbewusstsein durchs Leben.
Weil das, worunter sie litt – nämlich zu ignorieren, was sie wahrnahm und fühlte -, nun zu einem wichtigen Teil ihres Lebens und ihrer Selbstwahrnehmung werden konnte.
Sie braucht nicht mehr dagegen anzukämpfen. Aus dem scheinbaren Feind ist ihr wichtigster Verbündeter geworden. Sie ist sich im klassischen Wortsinne ihrer selbst bewusst. Und da sie das mit Freude erfüllt, geht sie mit Freude durchs Leben.

Passender weise hat meine Klientin im Zuge dieser wichtigen persönlichen Entwicklung auch eine Beförderung erhalten. Denn ihre Chefin war so begeistert von ihrer neuen Klarheit und Stärke, dass sie ihr einen Job als Teamleiterin anbot.

Hochsensibilität als Qualität

Nun möchte ich noch einen Blick auf die Fragen werfen:

Was bringe ich als hochsensible Person mit, was mich besonders macht? Wie kann ich meine Sensibilität besser nutzen, sie zum Leuchten bringen und für mich und mein Leben einsetzen?

Hier sind einige Anregungen:

  • Ich bemerke, was in mir selber vorgeht, und kann daher mein Handeln und auch meine Entscheidungen entsprechend ausrichten (auf die innere Stimme hören)
  • Ich habe eine Art Standleitung zu mir selbst, indem ich meine Wahrnehmung bewusst zulasse. Ich bin mir selber nicht fremd und verstehe mich daher selber besser.
  • Ich bemerke, was in anderen vorgeht, kann mich gut auf sie einstellen und spüren, was sie brauchen – das bringt mir die Wertschätzung anderer ein und bringt mich beruflich wie privat weiter.
  • Ich habe ein reiches Innenleben – mir wird so schnell nicht langweilig.
  • Meine Selbstwahrnehmung führt mich zu stärkerer Authentizität.
  • Ich habe das richtige Gespür. Das spart Energie und Zeit.
  • Ich nehme Stress bewusst wahr, was dazu führt, dass ich mich entscheiden kann, ihn zu reduzieren – versus meinen Stress zu ignorieren bis zum Burn-Out.
  • Meine erhöhte Selbstwahrnehmung ermöglicht mir verstärkte Selbstfürsorge. So stärke ich meine Resilienz und kann gesünder leben.

 

Die Quintessenz lautet: meine Wahrnehmung und meine Emotionen anerkennen und bewusst nutzen. So kann Hochsensibilität zur unschlagbaren Stärke werden!

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